Einmal den Bizeps anspannen, und Glückshormone überschwemmen Körper, Geist und Seele. Und endlich wird der alte Spruch, "Man darf es nicht nur hier haben, man muss es auch hier haben", erst heute dadurch von Wahrheit durchweht, dass wir dabei nicht wie früher zuerst auf den Bizeps zeigen, sondern auf das Gehirn.
Was mich als Leser allerdings spektisch stimmt, ist, dass der zum Medienclown "metamorphierte" Prof. Dr. Ingo Froböse zu Wort kommt - und wie!:
"Muskeln weinen und lachen mit Ihnen. Muskeln trauern mit Ihnen und Muskeln jubeln mit Ihnen."
Da kann man ja fast noch mit, denn was bleibt denen als Teil des Körpers anderes übrig. Aber jetzt kommt das Neue: "Muskeln sind unsere seelischen Stimmungsmacher."
Muskel macht Stimmung!
Streng nach dem alten Motto: "Wenns Arscherl brummt, ist's Herzl gsund! Will meinen, wenn der Schließmuskel in der entsprechenden seelischen Stimmung ist, ist es der Herzmuskel schon lange, und der Mensch ist fröhlich. Zwangsläufig - per Kausalkette, quasi.
Warum aber haben unsere muskelgestählten Athleten in Rio so oft und so hemmungslos geflennt, wie niemals zuvor in der Geschichte der Olympischen Spiele? Lag das wirklich an ihren Muskeln, weil die in weinerlicher seelischer Verfassung waren. Zumindest in beweinenswerter Verfassung, wenn man sich den spärlichen Medaillensegen für Schwarz-Rot-Gold ansieht?
Krafttraining ist in diesem Artikel jetzt das, was die letzten Jahre intensiver Forschung das Cardiotraining war, der Halb- oder Ganzmarathon - mit eingebautem Runners High. Mehr noch: Der Triathlet Max Longrée, immerhin gewesener Weltmeister, wird geradezu deshalb als "Sportdepp" geoutet, weil er seinen Sport offensichtlich mit viel zu wenig Muskeln zur Meisterschaft getrieben hat (67 Kilo auf 1,82). Mit entsprechend übler Laune, speziell bei seiner vernachlässigten Freundin!!
Der Held der neuen Muskel-Szene, die im Artikel vorgestellt wird, ist jetzt Marcel Nguyen mit 58 kg auf 1,67 Körper"länge". Erfolgreicher Turner. Fettanteil 3 bis 4 Prozent.
Eurasische Leichtbauweise nennen das die Autoren, um diese über die eher sauertöpfische Leichtbauweise des Triathleten zu erheben.
Wenn Sie mit Nguyens Fett-Werten zu Ihrem Arzt gehen, weist der Sie schnurstraks ins nächste Krankenhaus ein. Ob ihre Muskeln dabei mit Ihnen jubeln oder nicht.
Übrigens: 11 Trainingseinheiten pro Woche müssen es bei Nguyen schon sein, nur falls Sie ihm, so gut es Ihr Job zulässt, nacheifern wollen.
Und noch ein Übrigens (eigentlich zwei in einem): Haben uns Sportwissenschaftler, wie Froböse mal einer war, nicht beigebracht, dass der Muskel nur in Trainingspausen wächst und stark wird und dass nur anabole Steroide es schaffen, diese Pausen auf ein Minimum zu reduzieren? Und dass wohl so ziemlich alle Olympioniken - bis auf den 100-Meter-Wunderläufer aus Jamaika, natürlich - diese Hilfsmittel als Fahrkarte ins nächste Olympiadorf brauchen? So sie einen Platz auf dem Podest anvisieren.
Na dann: Bevor Sie also den Inhalt des Focus-Artikels 1:1 in die Tat umzusetzen beginnen, weil dann endlich einmal bis zu 360 Wesenheiten über Ihre Witze lachen werden - (und zwar schnell und kompromisslos, weil unter Ausschaltung des Gehirns direkt über sogenannte Reflexbögen), denn so viele Muskeln hat der Mensch -, fragen Sie besser Ihren Apotheker. Und Ihren Arzt, meinen Sie? Die Ärzte, die Ihnen da hätten weiterhelfen können, sitzen alle schon im Knast. Behaupten zumindest die Anti-Doping-Organisationen, oder nicht?
Nicht der Weingeist lässt uns fröhlich sein, sondern unsere Muskeln - unsere seelischen Stimmungsmacher? Foto: Jens Bredehorn / pixelio.de
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