Montag, 26. Juli 2010

mit Placebo über Buckelpisten

Als ich mich damals - immer im Morgengrauen - noch müde zur Praxis schleppte, um meine letzten Haare mit einem "hundertprozentig wirksamen" Verfahren zu retten, konnte ich mir lange nicht erklären, warum es bei mir wirkungslos blieb. Heute weiß ich: Herr Doktor war die Inkarnation eines Nocebos und sein kahler Kopf leuchtete wie eine Bowlingkugel. Alles an ihm signalisierte: Bei mir wirken ausschließlich die Nebenwirkungen. Und er trug Lacoste und seine Wände waren mit Golftrophäen zugestellt. "Von dir lass ich mir keinen Einlauf machen, dachte ich noch - bestenfalls eine Stunde Abschlag-Training würd ich bei dir buchen", aber da wars schon zu spät: Der Powerseller in Weiß hatte gerade schon sein gesamtes Equipment an mich verkauft, hatte sich behutsam über die Glatze gestrichen und gelächelt: "Das kriegen wir schon hin."
Zwei Jahre später - ich war bereits völlig kahl - wurde mir ein neuer Arzt im Nachbarort empfohlen. Der hatte Rastalöckchen, die in ihren verfilzten Ausläufern ihm bis über seinen dürren Hintern reichten und machte den ungepfelgten Eindruck eines Althippies. Ich bekam sofort einen Hautausschlag und einen Herpes, der sich gewaschen hatte - und meine Haare fingen spontan an zu wachsen und bald zu wuchern - und begannen schnell über den Augen zu knistern - bei jedem Naserümpfen. Mit diesen Merkmalen musste ich einfach Finanzminister werden. Darüber bin ich meinem Rasta-Arzt, dieser unappetitlichen Inkarnation des Placebos, heute noch dankbar, denn bald kriegte ich eine unverschämt junge Skifahrerin ab, die mich seitdem nächtens über so manche Buckelpiste gejagt hat.
Und jeden Abend fischt sie aus der "viele, viele bunte Smarties-Dose" die blauen und beißt die Rundungen ab. Schon das erregt mich. Aber nach dem Schlucken werd ich zum Tier - und haarig wie ein Affe.
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