Sonntag, 20. Dezember 2009

von Treue und Lust 2

der Hinweis auf die "Schöne neue Welt" ist dann doch zu erschreckend, um darüber hinweggehen zu können.
Lust scheint man tatsächlich zu allen Zeiten ein so anarchisches Potential zugeschrieben zu haben, dass selbst Autoren, die man nicht direkt dem Dunstkreis der Mächtigen zurechnen kann, solche die Lust diskreditierende Lehr- und Erziehungsromane glaubten schreiben zu müssen.
Huxleys Konstrukt ist letzten Endes auch nichts anderes als die Warnung der katholischen Kirche vor der Onanie und ihre Verteufelung.
Spannend dabei ist, dass die strikte Reglementierung der Lust Gesellschaften beherrschbar macht; und zwar nicht
nur ihre Einschränkung auf ein Rest-Niveau, das zum Zeugunsakt notwendig ist. Die Vergangenheit hat dies oft genug gezeigt.
Dass umgekehrt Huxleys Methode der zwanghaft verordneten Lust dies gelingen sollte, hat die "Lotter-Welt", in der wir leben und lieben nach Lust und Laune noch nicht wirklich beweisen können. Nicht einmal tendenziell.

Montag, 14. Dezember 2009

von Treue und Lust

Wissenschaftler in Sheffield wollen jetzt bewiesen haben, dass Frauen, die hormonell verhüten, treuer sind als andere. Dies soll daran liegen, dass die Phase, in der Frauen sich eher dominanten Männern hingezogen fühlen, durch die Pille "wegtherapiert" werde, und generell sich die Hinwendung zu treuen, verlässlichen Partnern verstärke.
Nur wenige Alt-68er werden sich zwar jetzt im Grabe herumdrehen, aber viele in frühzeitig erkalteten Ehebetten sich unruhig hin- und herwälzen.
Waren sie es doch, die die freie Liebe "erfunden" haben und Dank der schnell entwickelten Antibabypille auch sorglos ausleben konnten.
Allein dafür sinken die nachfolgenden Generationen dankbar vor ihnen auf die Knie.
Und weil das so ist, ist Angst überflüssig: Die Lust an der Lust wird bleiben, und auch morgen noch wird man dafür viel, viel mehr Gleichgesinnte finden als in der "pillenfreien" Zeit - auch für nur flüchtige Begegnungen.

Mittwoch, 9. Dezember 2009

es kriegt uns alle

Es ist ein Gruselkabinett für Hypochonder, was das Internet über Krankheiten zu berichten weiß. Wobei "wissen" in diesem Zusammenhang die falsche Vokabel ist. Es wird vielmehr spekuliert - und das nur höchst selten auf hohem Niveau. Eine Psychologin aus Münster warnt Menschen, die dazu neigen, körperliche Sensatiönchen in ausgewachsene und das eigene Leben bedrohende Sensationen umzudeuten, davor, sich im Internet umzutun, um Bestätigung für ihre Selbst-Anamnese zu finden. Zu schnell führt das Googeln nach einer kleinen Verstimmung - nehmen wir etwa Bauchweh - auf eine Site, die eine Krebserkrankung als Auslöser der Beschwerden am wahrscheinlichsten mache. Zu retten wäre nur, wer sich ohne Umwege unters Messer lege, doch wer das aus weltanschaulichen Gründen nicht könne, solle eine heilbringende Benzinkur antreten, zu erstehen für ein kleines Vermögen zwar - aber Gesundheit hat nun mal ihren Preis - bei einer Heilerin in den Schweizer Hochalpen.
Das Internet macht aber einen "normalen Menschen" nicht zu einem Hypochonder, schränkt die Psychiaterin aus Münster ihre These ein, nur der Hypochonder werde in seiner Einstellung bestärkt.
Ich glaube, das ist Unfug! Denn irgendwann und irgendwie kriegt das Internet jeden, so wahr auf jeden von uns genau die Information in den Weiten des Webs wartet, die uns ganz individuell genau dort packt, wo es weh tut. Das ist nur eine Frage des breit gefächerten Angebots. Der Rest läuft dann ab wie in Orwells Georges "1984",(Komisch! So etwas wie das Internet hat er nicht vorhergesagt, oder ist am Ende "Big Brother" das Internet?) und Google führt uns zielsicher mit unseren dunkelsten Ängsten zusammen - und noch bevor wir fertiggelesen haben, glauben wir an sie.
(Was so im Bösen funktioniert, soll bald auch im Guten helfen - das sei hier nur als Randnotiz erwähnt: Individuelle Medizin ist das Schlagwort und Wissenschaftler arbeiten seit geraumer Zeit daran. Sie soll, abgestimmt auf die individuelle genetische Ausstattung des einzelnen Patienten, genau diesen einen extrem nebenswirkungsarm heilen.)
Wie es mich gepackt und geschüttelt hat, dass ich beinahe doch noch einer der zahllosen hysterischen Hypochonder in Sachen Schweinegrippen-Impfung geworden wäre: Die ganze ins Netz gestellte Pampe - vom angeblich schlechten Impfstoff bis zum Golfkriegssyndrom, das ein Wirkverstärker in ihm auslösen soll, konnte mich nicht erschüttern, vielmehr habe ich kopfschüttelnd ob solcher Dummheit den Kram gleich weggeklickt. Erst die Ankündigung eines Buches - ein Informationsträger, der meine universitäre Ausbildung begleitet und sich immer als zuverlässiges Vehikel für Wissensverbreitung gezeigt hat, hat mich verunsichert.
Ein Buch, das war nicht einfach nur etwas mal schnell ins Netz Gestelltes, nein, das war etwas Veröffentlichtes, publiziert von einem Verlag, der für die Inhalte notfalls gerade stehen würde.
Das Buch, von dem ich hier rede, will aufgeklärt haben, dass die Pharmaindustrie von einer Millarden-Prozesswelle überrollt werden wird. Wegen ihrer Impfstoffe.
Das mulmige Gefühl auf dem Weg zu meinem Impftermin war so groß, dass ich beinahe umgekehrt wäre. Dann das Warten auf das Kollabieren meines Kreislaufes, das taube Gefühl in der Mundhöhle, das Brennen im Brustraum, der Vorbote des Herzinfarktes, auf den ich unausweichlich zusteuerte.
Aber alles kam anders. Die Arzthelferin kam, und alles an ihr erinnerte mich an Marilyn Monroe - und schlagartig an die vielen Bücher, die wohl nur aus dem einen Grund veröffentlicht wurden, nämlich, um die ganzen falschen Legenden um ihren Freitod für alle Zeiten zu konservieren, bis sie wahr würden. Und die Kennedy-Bücher fielen mir ein und die vielen Bücher über die Außerirdischen und die vielen unbestechlichen Augenzeugen für selbst die verwegensten Thesen.
Es gibt nicht nur Wahres - gepresst zwischen Buchdeckel.
Im Wissenschaftsbereich schon. Daran sollte man sich halten - zumindest ich mich!
Ich grinste meine Marilyn mit der Spritze herausfordernd an: "Mach mir weh." Sie lachte. Ich lachte. -
Beinahe hätten sie mich gehabt, diese hinterhältigen Idioten.
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