Donnerstag, 4. Januar 2018

Netzwerkdurchsetzungsgesetz und #metoo: Auf dem Weg zum neuen Faustrecht

Was haben das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz und #metoo gemeinsam? Sie haben das Potential den Rechtstaat auszuhebeln.

Wieso? Weil jetzt nicht mehr Richter entscheiden, ob, was gesagt, geschrieben, gepostet oder getan wurde, eine Straftat ist oder nicht, sondern blutige oder blutrünstige Laien. Ob blutig oder blutrünstig, also unwissentlich falsch oder vorsätzlich falsch, das Ergebnis bleibt im Einzelfall immer das Gleiche: Aburteilung ohne Rechtsprechung.

Wer von uns weiß schon, wo genau Volksverhetzung anfängt und freie Meinungsäußerung aufhört?

Wer von uns weiß schon, ob nicht ein Maurer auch gleichzeitig ein Künstler sein kann, der auch einmal ein Schmähgedicht posten darf? Oder sind nur Angestellte - in der Regel Journalisten - der Fernsehanstalten gleichzeitig auch Künstler, die sich auf die oft zitierte künstlerische Freiheit berufen dürfen?

Und hört diese künstlerische Freiheit wirklich nicht auf, wenn der Tatbestand der Volksverhetzung erreicht ist?

Fragen, auf die Facebook und Twitter jetzt rechtskonforme Antworten haben oder innerhalb von 24 Stunden finden müssen.

In diesem Zusammenhang: Wurde der Straftatbestand der "Majestätsbeleidigung" jetzt wirklich abgeschafft oder hat er die Causa Böhmermann doch überlebt?

Facebook und Twitter werden's wissen (müssen).

Apropos Böhmermann. Hat eigentlich Kachelmann auf #metoo gepostet? Oder seine damalige "Gespielin"? Wäre eine Uminterpretierung ihrer damaligen höchstrichterlichen Urteile unter diesem Hashtag ein Fall für das Netzwerkdurchsetzungsgesetz?

Auch das würden Facebook und Twitter ganz genau wissen.

Natürlich muss eine Frau posten dürfen, wer sie wann und wie sexuell angegriffen hat. Netzwerkdurchsetzungsgesetz hin oder weibliche weltumspannende Solidarbekundung her. Jeder unbeteiligte Dritte aber, der aufgrund dieses Beitrags den dort Beschuldigten aus bestehenden vertraglich vereinbarten Filmprojekten schmeißt – ohne die Gerichtsverfahren über die erhobenen Anschuldigungen abzuwarten – darf sich nicht wundern, wenn das Ganze dann vielleicht nach hinten losgeht.

Ist das Posten auf #metoo nicht eine Art Notwehr, weil die Frauen, die dort posten, wissen, dass unser Rechtstaat – genauso wie der US-amerikanische – nur einen beschämend geringen Prozentsatz von Gerichtsverfahren über sexuellen Missbrauch mit einer Verurteilung abschließen kann? (Und es trotzdem nicht schafft, dass Männer für sexuelle Vergehen hinter Gittern saßen und sitzen, die sie nicht begangen haben).

Würde etwa ein Post mit folgendem Inhalt unsere Welt gerechter machen?: "Mein Vergewaltiger wurde jetzt zwar freigesprochen, aber ich gebe euch mein Ehrenwort, dass er mich vergewaltigt hat, und zwar so: ..."

Ein eindeutiges Ja! Allerdings vorausgesetzt, dass alle, die solches posten, so wohlerzogen und wahrheitsliebend sind wie ich! Mindestens!

Foto: M.E. / pixelio.de

 

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