Samstag, 15. Mai 2010
Mama mia, Bionik!
Sohn und Vater das erstemal zusammen auf der Jagd: "Papa, heute Nacht habe ich im Traum eine Maschine erfunden, die uns reich machen könnte." "Aha, dann erzähl mal." Der Sohn holt dergestalt ermutigt tief Luft. "Meine Maschine hat alle Funktionen, die man sich denken kann: da sind beispielsweise Backofen und Herd, aber auch Waschmaschine und Kühlschrank integriert. Und an der rechten Kante sind übereinander ein Eierkocher, eine Kaffeemaschine und eine Brotschneidemaschine." Noch einmal holt er tief Luft. "Und noch viele andere Funktionen. Und jetzt kommt der Clou: Alle Funktionen sind über ein einziges Display einzugeben, und - Papa, hör zu - auch mit Sprachbefehlen. Verstehst du, Papa? Vielleicht sogar vom Sofa aus, während der Sportschau." Der Vater klopft seinem Sprössling anerkennend auf die Schulter, weil er davon beeindruckt ist, wie weit sein Sohn in seiner Entwicklung schon vorangekommen ist. Und erkennt, dass jetzt der Augenblick für das tiefste Geheimnis des Lebens gekommen ist. Er sieht sich forschend um und pflückt dann zielsicher eine vorbeifliegende Libelle herunter und hält sie seinem Sohn hin. "Schau Sohn. Wir Männer haben uns diese Libelle zum Vorbild genommen, um unsere Hubschrauber zu konstruieren. Und dem Hai haben wir so das U-Boot zu verdanken und den ein oder anderen Schwimm-Weltrekord. Diesen Weg, aus einem überlegenen biologischen System ein taugliches technisches System zu machen, nennen wir Bionik." "Toll", sagt der Sohn, "wir sind einfach die Größten." Der Vater lächelt bitter. "Der umgekehrte Weg aber, nämlich überlegene technische Fähigkeiten in ein biologisches System zu integrieren, wird uns wohl für immer verwehrt bleiben." Der Sohn zieht ein beleidigtes Schnütchen, weil er das erste Mal in seinem Leben begreift, dass auch Männern Grenzen gesetzt sind, lauscht dann aber immer ergriffener den folgenden Worten, die ihm sein Vater hier unter Birken und Tannen wie sein Vermächtnis ins Herz legt. "Deshalb haben wir uns in diesem Fall für ein Hilfskonstrukt entschieden, das jeder unseres Geschlechtes irgendwann - ungefähr in deinem Alter - entwickelt - aus sich heraus, immer wieder, so wie du gestern Nacht: die eierlegende Wollmilchsau des modernen Haushaltes. Und dieses Hilfs-Konstrukt hört nicht nur aufs Wort, es hört auch wie aufs Wort auf seinen eigenen Namen." Der Sohn - fast noch ungläubig: "Mama!" Und es fällt ihm wie Schuppen von den Augen, und ab dieser Sekunde ist er bereit für das wirkliche Leben.
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